Samstag, 9. April 2016

Stummer Wächter von Dirk Hardegen und Detlef Tams

Stummer Wächter - Ein Hörspiel nach einem Skript von Franjo Franjkovic
Max Blanke gilt als paranoid, schizophren und autoaggressiv. Seit 15 Jahren ist er bereits als Patient in der Taunusklinik, sein Arzt Dr. Vosshagen hat ihn bereits als nicht behandelbar abgeschrieben. Trotz allabendlicher Fixierung an seinem Bett, wacht Blanke am jeweils nächsten Morgen mit immer neuen Verletzungen auf, was sich weder sein Pfleger Holger noch Dr. Vosshagen erklären können. Es steckt aber scheinbar noch mehr hinter Blankes Fall: Die Polizei verdächtigt ihn, eines Nachts den Flughafen im Alleingang lahmgelegt zu haben. Mehrere Zeugen, ein Phantombild und das Video der Überwachungskameras stützen diese Theorie. Die Überwachungsvideos der Klinik belegen aber, dass Blanke die ganze Zeit an sein Bett fixiert in seinem Zimmer war. Gibt es Max Blanke zweimal?





(kleine Spoilerwarnung voraus) Ohrenkneifer bringt mit "Stummer Wächter" ein Hörspiel auf den Markt, das in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist. Zunächst ist es die erste Koproduktion von Dirk Hardegen und Detlef Tams bei einem Label, das sich - anders als viele Konkurrenten - der Produktion von Einzelhörspielen und nicht von Serien verschrieben hat. Franjo Franjkovic wirft in seinem Skript eine in meinen Augen interessante Frage auf: Was wäre, wenn in den ganzen geschlossenen Anstalten und Sanatorien nicht nur psychisch kranke Menschen, sondern auch solche mit falsch gedeuteten, besonderen Begabungen sitzen würden? Franjkovics Geschichte wird von Hardegen und Tams gekonnt in Szene gesetzt, der Klangraum ist so detailreich ausgestaltet, dass man sich manche Szenen am liebsten dreimal hintereinander anhören möchte. Das liegt auch an Hardegens Musik, die sich perfekt an jede Sequenz anpasst und zwischen vornehmer Zurückhaltung und antreibender Power, wenn es notwendig ist. Die Detailverliebtheit und Sorgfalt, mit der hier gearbeitet wurde, ist in jeder Sekunde zu hören.
So richtig faszinierend wird die Geschichte aber erst mit dem Protagonisten. Obwohl Blanke mit seiner Fähigkeit Leben rettet, fühlt er sich seinem Schicksal doch ausgeliefert und ist tagsüber seinem ihm gegenüber feindselig eingestellten Arzt hilflos, da dieser nur noch daran interessiert ist, ihn mit Medikamenten ruhig zu stellen und in der Klinik wie einen Gefangenen zu halten. Hoffnung schöpfen darf Blanke erst, als mit Frau Dr. Lichte eine engagierte Ärztin die Tagesschicht übernimmt, da diese Dr. Vosshagens Anweisung, Blanke einfach weiter mit Medikamenten vollzustopfen, bewusst ignoriert und dem Patienten helfen möchte. Dieses Spannungsfeld zwischen Blankes totaler Hilflosigkeit tagsüber und seiner Fähigkeit, in der Nacht Unmögliches zu vollbringen, zieht die Hörer sofort in seinen Bann. Wenn man an dem Hörspiel etwas bemängeln möchte, dann höchstens, dass Robert Missler als Erzähler eine Spur zu oft eingesetzt wird. Dennoch bringen er, Detlef Tams als Max Blanke, Tom Steinbrecher, Gordon Piedesack und Katja Pilaski hervorragende Leistungen in ihren Rollen.

Fazit zu Stummer Wächter
Mit "Stummer Wächter" ist den Machern bei Ohrenkneifer ein Hörspiel gelungen, das ich mir auch in 20 Jahren noch begeistert anhören werde. Es ist das beste Hörspiel dieses an guten Hörspielen schon davor sehr reichen Labels. Von mir gibt es eine klare Empfehlung.

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